Der Kultursplitter

… ein Abend von und für Schüler, Eltern und Lehrer

— verfasst nach dem Kultursplitter 2002 —

Er bietet eine Mischung von Beiträgen aus Kunst, Literatur, Musik, Tanz, Video, Theater — kurz: aus allem, was sich irgendwie „Kultur“ nennt. Aus der anstrengenden, aber Spaß bringenden Zusammenarbeit von Schülern, Eltern, Lehrern und immer wieder auch Ehemaligen entsteht dieses Jahr nun schon der sechste Abend, gefüllt mit Programmpunkten verschiedensten Inhalts: von klassisch bis modern, von schrill bis still, von komisch bis kritisch, von heiter bis nachdenklich.

Schüler, Eltern und Lehrer gestalten einen „Kultur“-Abend der anderen Art. Reflexionen und Gebrauchsanweisung.

Im Folgenden werde ich kurz Eindrücke und Ideen zum „Kultursplitter“ wiedergeben. Wesentlich für die Nachahmung solcher Großaktionen scheinen mir die Entlastungen im organisatorischen Bereich zu sein; entsprechend ausführlich habe ich die „Rezeptur“ dargestellt. In diesem Teil werden hoffentlich auch die inhaltlichen Fragen geklärt, auf die im Text nicht eingegangen wird. Ergänzendes Videomaterial kann beim Autor angefordert werden.

Genese

Ich erinnerte mich an den einen Abend meiner eigenen Schulzeit, der unserer Schule den ersten spannenden Kultursplitter brachte. Und damit das Gefühl der Freude und des Stolzes, dass wir Schüler so etwas auf die Beine stellen konnten. Heute kann ich sagen, dass dies einer der wenigen Augenblicke war, in denen ich Schule als weltoffenen Lebens-, Lern- und Darstellungsraum erleben durfte. In denen ich eine so enge sachbezogene motivierte Zusammenarbeit von Eltern, Schülern und Lehrer erfuhr.

Seit sechs Jahren unterrichte ich jetzt als Musik- und Englischlehrer am Luise-von-Duesberg Gymnasium in Kempen. Eine solche gemeinsame, „grenzüberschreitende“ Aktion wollte ich an meiner Schule einführen. Die Idee war geboren. Es folgte, unabdingbar, die Arbeit. Es folgte, unabdingbar, der Spaß.

Pädagogischer Hintergrund — einige Ideen eines Junglehrers

Die Veranstaltung sollte durch die Zusammenarbeit an einem inhaltlich möglichst offen gestalteten — nur durch den Begriff „Kultur“ gebundenen — Projekt die tradierten Grenzen zwischen Lehrern, Schülern und Eltern öffnen. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile — unter diesem Dach vereinten sich dann die individuelle Stärken (Organisation, Darbietung, Werbung, Technik, …) der Teilnehmer. Unabhängig von fremdgesetzten Lernzielvorgaben wurde Know-How durch aktive Zusammenarbeit vertieft (wie löte ich Kabel an, richte ich mein Licht ein, verbeuge ich mich nach dem Auftritt etc.). Die Mitarbeit wurde entsprechend persönlicher, die an Schulen häufige — vielleicht notwendige — Distanz wurde durch gemeinsames Arbeiten an der Sache ersetzt. Schule nahm verstärkt Privates in sich auf, wurde andererseits auch Privatraum, Lebensraum. Freunde und Ehemalige — alle im Schulbetrieb Tätigen wurden integriert.

Kultursplitter am LvD: Historische Betrachtung

Am Anfang standen da ein paar Informationsbriefe — und schmerzhaft wenig Reaktion darauf. Schülerzitat: „Kultursplitter? Nie von gehört. Einen Zettel bekommen? — Nein!“ Kurz vor dem Ablauf der Anmeldefrist waren erst 7 Projekte gemeldet — das bot schon Anlass zu vorsichtigem Frust. Dann aber überschlugen sich die Anmeldungen, das Eis war gebrochen. Ein zweiter Vorspieltermin musste angesetzt werden, die Jury fing an zu schwitzen und musste/durfte letztendlich aus über 30 Bewerbungen die Top-Acts für den Abend aussuchen. Aus der anfänglichen Idee wurde handgreifliche Arbeit. Die letzten beiden Wochen vor der Aufführung waren übervoll: Sitzungen des Organisationskomitees dauerten schon mal bis 23.00 Uhr, die Organisation von Materialien (Technik, Verpflegung) konnte nur noch in der „Freizeit“ bewältigt werden, Aufstellung von Probenplanungen und Informationen der Teilnehmer verliefen nicht immer reibungslos, Misserfolge mussten verarbeitet, Erfreuliches wollte gefeiert werden. Wer verteilt denn nun die Plakate wo, wer informiert die Presse, das Schulamt, verkauft die Karten … — dieser bescheidene Ausschnitt aus der Logistik eines Kultursplitters soll genügen.

Habe ich schon erwähnt, dass all diese Arbeit auch Spaß gemacht hat? Das Gefühl, wenn plötzlich und verlässlich jemand Aufgaben übernimmt, wenn unentdeckte Talente entstehende Probleme im Alleingang lösen, wenn doch alles irgendwie zusammenfindet — das möchte ich nicht missen.

Jetzt musste sich „nur“ noch zeigen, ob unser Konzept und die Leistungen der Schüler von den Zuschauern akzeptiert werden würden.

Abends dann sahen tatsächlich über 600 Zuschauer im reibungslosen Ablauf professionelle Schülervorführungen. Gelegentliche Ausrutscher (Wieso hört auf einmal die Musik auf?) wurde von den Ausführenden mit größter Routine überspielt. Da bemerkte man nicht mehr die Nächte, in denen vor Aufregung wenig geschlafen wurde. In denen man sich gefragt hatte, ob man nicht vielleicht ein wenig zu mutig gewesen war. Das Publikum half, diese Ängste zu zerstreuen.

The Day After — Resümee und Ausblick

Stellvertretend für die Erinnerungen an diesen Abend, der für jeden so Unterschiedliches bot, wage ich, zwei meiner schönsten persönlichen Erlebnisse zu stellen: Zum einen waren da die Schüler, die begeistert feststellten, dass auch sie das nächste Mal unbedingt etwas vorstellen wollen. Zum anderen war es die Überraschung und Bewunderung der Lehrer, die feststellten, dass die in ihrem Unterricht so auffällig unauffälligen Schüler plötzlich zeigten, dass sie doch ganz schön was drauf haben.

Auch die Presse war begeistert: Hieß es da vor Beginn des Abends noch skeptisch „… mal gucken, ob ich zur zweiten Hälfte noch da bin … (schon wieder so eine Schulveranstaltung)“, so waren auch diese Zuschauer beim abschließenden Feuerspucken zu sehen ….

In den nächsten Tagen kam auch von Lehrer-, Eltern und Schülerseite Lob und sorgsam differenzierte Kritik — alles wurde festgehalten und konnte hoffentlich im zweiten Kultursplitter verbessert werden.

Back to the Future: Entwicklungen nach den Kultursplitter IV

Der „Kultursplitter“ hat mittlerweile viermal stattgefunden. Der organisatorische Anspruch ist gewachsen, die Veranstaltung mittlerweile dreitägig.

Mein deutlicher Enthusiasmus soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass natürlich ein Großteil der Arbeit an den Initiatoren hängen bleibt — aber die Ergebnisse einer solchen Arbeit entschädigen für viele der Mühen.

Fazit

Zu den Vorteilen den des Kultursplitters ist genug gesagt worden. Nach der Arbeit des 4. Kultursplitters hatten aber auch alle gemeinsam beschlossen, erst mal ein Jahr auszuspannen. Inzwischen laufen jedoch die Vorbereitungen für den 5.Kultursplitter auf Hochtouren, er findet im Februar 2004 statt, unter dem Motto: „nur nix neues“.

Wem alle diese Angaben konfus gemacht haben, den möchte ich mit Herrn Brecht noch einen letzten Trost aussprechen:

Ja mach' dir nur 'nen Plan, sei nur ein kluger Kopf,
und mach dir noch 'nen zweiten Plan,
gehn tun sie beide nicht …

… und auffordern, es ganz anders zu machen. Und mir die eigenen fantastischen Ideen, die kreativen Lösungen zu noch nicht bedachten Problemen mitzuteilen.

Viel Spaß und viel Erfolg!

Berthold Schüssler

berthold@berthold-schuessler.de